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Rede des Paten Leonard F. Seidl

Datum:
Veröffentlicht: 17.6.13
Von:
Jürgen Moßdorf

Schule ohne Rassismus

Liebe Studierende,

Liebe Lehrerinnen und Lehrer,

sehr geehrte Damen und Herren,

Wenn wir auf dem Spielplatz, oder Sie liebe Studierende, in ihrer Arbeit,  Kinder beobachten, gehen diese auf andere Kinder zu, ohne sich um deren Hautfarbe, Herkunft oder Religion zu kümmern. Dort spielen Dunkelhäutige mit Christen oder Moslems, Sinti mit Juden und vielleicht ist einer der Erzieher sogar schwul und darf auch mitspielen. Umso erwachsener wir werden, umso häufiger stoßen wir auf das Gesicht des Rassismus. Er findet Platz in geflügelten Worten, wie „Das ist doch getürkt“, lacht uns aus Bestsellerlisten an, die davon sprechen, dass „Neukölln überall sei“ , äußert sich in Politikeraussagen vom „Asylmissbrauch“ obwohl kein Mensch mit Perspektive vor Ort seine Heimat freiwillig verlässt. Die menschenverachtende Fratze des Rassismus zeigt sich in mordenden Neonazis.

Aber Neonazis, Rassisten und Rassistinnen können auch lächeln. Das konnten wir unlängst beobachten, als der Prozess gegen die Rechtsterroristin Beate Zschäpe begann.

Mittlerweile sind ein Viertel der Neonazis Frauen, sie ergreifen gezielt Berufe, wie den der Erzieherin, um Kinder und Eltern mit ihrer Ideologie zu indoktrinieren. Sie versuchen deutsche Kinder als etwas Besonderes hervorzuheben, Kinder von Einwanderern als minderwertig zu diskriminieren. Wenn Frauen so agieren, ist die Wirkung um einiges stärker, als wenn ein glatzköpfiger Naziskin dies tun würde. Denn noch immer ist das klassische Geschlechter- und Rollenverhältnis weit verbreitet, wird die Frau als mütterlich und sanftmütig wahrgenommen. Wodurch rechte Frauen schneller akzeptiert werden, leichter Kontakte zu anderen knüpfen können. Beispielsweise im Kindergarten, ob als Erzieherinnen oder Mütter. Sie können leichter vor vermeintlicher Überfremdung, Kinderlosigkeit deutscher Eltern und Zerfall warnen, ohne dass ihre Aussagen sofort als rassistisch wahrgenommen werden. Nicht zuletzt, weil sie darin von einigen konservativen Politikern und Populisten wie Sarrazin und Buschkowsky unterstützt werden. Frauen werden in der Neonaziszene bewusst eingesetzt um zu verharmlosen, um dem Image der Brutalität durch Mütterlichkeit entgegenzuwirken.

Rassismus spielt sich in unserer unmittelbaren Nähe ab: im Freundeskreis, in der Familie, in Arbeit und Schule und wenn wir ehrlich sind, vielleicht sogar ihn unseren eigenen Köpfen. Um ihn zu bekämpfen ist eine ganze Gesellschaft gefragt. Darum ist es umso wichtiger, dass es zukünftige Erzieherinnen und Erzieher wie Euch gibt, die Rassismus und Diskriminierung thematisieren, vorbeugen und entgegentreten. Dazu gehört auch, dass jeder und jede von uns seine und ihre Gedanken überdenkt. Denn Rassismus ist nicht immer böswillig motiviert. Aber er zieht fast immer verletzende Aussagen und Handlungen nach sich. Er entsteht unter anderem, wenn wir unseren Blick nur auf die negativen Eigenschaften eines Menschen richten, einer Gruppe von Menschen zuschreiben, das Fremde als böse kategorisieren.

Auch Courage hat viele Gesichter. Der eine wählt den Weg des zivilen Ungehorsams und beteiligt sich an einer Sitzblockade, die eine Neonazidemo stoppt. Eine andere thematisiert in ihrem Praktikum, dass ein Junge immer wieder diskriminiert wird, weil er Sinto ist. Ein anderer macht seinen Mitschülerinnen und Mitschülern klar, dass man als Moslem nicht rückständig und Frauenunterdrücker sein muss.

Ich könnte noch ewig mit Beispielen fortfahren, die alle in eine Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage münden bzw. daraus hervorgehen können. Für eine Welt ohne Rassismus aber so viel Courage wie es jeder und jedem von uns möglich ist.

Ich wünsche mir, dass ihr in Zukunft auch in der Arbeit die Augen offen haltet, Rassismus und Diskriminierung ansprecht und bekämpft. Das Neonazis, Rassisten und Rassistinnen keine Chance haben, um die Gesellschaft und unsere Kinder mit ihrer Ideologie zu vergiften und sie zu trennen.

Denn wer andere ausgrenzt, ist schwach, stellt sich über sie, gleicht damit nur allzu oft seine eigenen Ängste und Schwächen aus. Ein selbstbewusster, starker Mensch, der offen für Neues ist, ist auch offen für neue Erfahrungen, für eine bunte Welt. Lasst uns versuchen wie die Kinder zu sein und offen aufeinander zugehen. Lasst uns aber auch widerständische und mutige Menschen sein, die bei Ungerechtigkeit und Diskriminierung aufstehen, egal ob sie von Vorgesetzten oder anderen Autoritäten, von Kolleginnen und Kollegen, Eltern, Freundinnen und Freunden, ausgeht. Das kann wehtun, Nachteile zur Folge haben, aber letztendlich sollte es stolz machen und ermutigen den Weg des Miteinanders weiter zu gehen.

Es ehrt mich, Euer Pate zu sein, Euch nach meinen Möglichkeiten zu helfen, Rassismus und Diskriminierung zu erkennen, anzusehen und zu bekämpfen. Mit meinen Worten, Gedanken, Geschichten, meinen Erfahrungen mit Rassismus und Courage und meinen Kontakten zu Menschen, die das gleiche Ansinnen haben.

Lasst uns gemeinsam an einer bunten und gerechten Gesellschaft arbeiten, in der alle gleich sind, aber alle verschieden sein dürfen!